1964 haben wir mit fünf Jugendlichen in meiner damaligen Heimatpfarrei St. Marien in Weiden die erste "moderne Messe" musikalisch gestaltet. Das bedeutete damals, Gospels mit deutschem Text, die so genannten "Duisburger Jazzmessen" Anfang der 60er Jahre.
Ich erinnere mich sehr gut. Es war nur furchtbar. Für uns alle der erste öffentliche Auftritt. Unser 15jähriger Schlagzeuger glänzte mit unvorstellbarem Herumgehaue auf allem, was ein ungedämpftes Schlagzeug zu bieten hatte. Der Trompeter war sehr gefühlvoll, laut und wohl kaum schön. Wir Mädels kreischten in die technisch äußerst mäßigen Mikrophone – zur Gabenbereitung hatte sich die Kirche schon zur Hälfte geleert. Unser Kaplan hielt tapfer durch, unser Pastor schmiss uns anschließend raus.
Wir wurden sanfter im Laufe der Zeit, auch besser. Die Freude hatte unskeiner nehmen können. Trotz spielte sicher auch eine Rolle!
Einige Jahre später lebte ich in Bielefeld in der Studentengemeinde. Mit "nur noch" drei Gitarren und Flöten ging uns wegen Lautstärke niemand mehr laufen. Die erste deutschsprachig – neugeistliche komponierte Messe war Anfang der 70er auf den Markt gekommen, Peter Janssens: "Wir haben einen Traum". Schöne Melodien, ansprechende Texte, ganz neue Möglichkeiten taten sich auf. Auf einmal kamen auch die Erwachsenen und ließen sich anrühren und begeistern … .
1974 habe ich in Wesseling- Keldenich den frisch gegründeten Jugendchor, später "Funkenflug", übernommen. Die ersten zwei Jahre haben wir noch mit Band gearbeitet; es war immer zu laut, die Texte, die Stimmen gingen unter. Langsam entwickelte sich ein anderer Stil.
Die Botschaft der Texte eroberte die Aufmerksamkeit – die Musik wurde immer mehr zum "Transporteur". Gottes Wort, zeitgenössische Sprache, getragen von einer Musik, wie (junge) Menschen sie im Alltag hörten … . Die zeitgenössischen Moden sind kurzlebig – neugeistliche Musik von Peter Janssens, in den 70ern der Hit, heute längst ein alter Hut. Da lebt die Klassik länger!
Immer deutlicher wurde für mich, in diesem Bereich gibt es keine "ewigen Wahrheiten". Wenn wir sein Wort mit zeitnahen Mitteln ausdrücken wollen, müssen wir ständig auf der Suche sein und bereit zum Wandel.
Mit dem Jugendchor "Der Springende Punkt" ab 1989 in Weilerswist haben wir noch einen Teil desselben Repertoires gesungen wie 15 Jahre vorher – die wirklichen Schätzchen, die die Seele berühren, singen wir auch heute mit "Leuchtfeuer". Aber das ist höchstens noch ein Drittel.
So war denn schon der Beginn unseres Konzertes
"Wir feiern Chor Leuchtfeuer (1996 – 2006)
Eine (nicht nur) musikalische Reise durch 10 Jahre Chorgeschichte"
ein ganz anderer, als dies vor 20 Jahren machbar gewesen wäre.
In der dunklen Kirche begann eine einzelne klare Stimme mit einem Kanon aus Taizé, nach und nach fielen durch den weiten Kirchenraum verteilt andere Chorstimmen ein und zogen singend zum Altarraum. So wie der Chorklang sich nach und nach füllte und die Gemeinde vorsichtig einstimmte, so wurde es auch zunehmend hell im Gotteshaus.
Die Chorgeschichte (die einen Pfarrbrief allein füllen würde!!) war in sieben Abschnitte gegliedert, symbolhaft ausgerichtet am Werden eines Baumes:
Ein Samenkorn sprießt – Der Baum verwurzelt sich – Äste wachsen – Frühling mit Blättern und Blüten – Der Baum trägt Früchte – Werden Äste zurück geschnitten oder brechen sie ab? –Aus Früchten gewinnt man neue Samenkörner und mit Samen pflanzt man neue Bäume
Die Besucher in der bestens gefüllten Kirche konnten im Aufbau der Lieder miterleben, wie der Chor zahlenmäßig und stimmlich über die Jahre gewachsen, wie die Altersstruktur immer breiter (16–64) und das Repertoire immer vielseitiger geworden ist. Auch sprachlich können wir uns in der Welt gut sehen (hören!) lassen. Latein neben deutsch, natürlich, englisch auch noch normal, französisch (dank Taizé), italienisch (gefördert durch unsere Pianistin Maria aus Apulien), unserm Pastor zur Ehre Versuche auf polnisch (zungenbrecherisch), dazu russisch, spanisch und hebräisch. In den ersten Jahren war es manchmal ein wenig mühsam, die Chormitglieder für die fremden Sprachen zu motivieren. Doch Fahrten nach Taizé und England, aber vor allem unsere Gottesdienste beim Weltjugendtag haben alle Mühe belohnt.
Bei der Jubiläumsvorbereitung war uns wichtig, dass wir an diesem Tag nicht nur ein Konzert für die Zuhörer, sondern uns selbst ein Fest bereiten und nicht bekannte Seiten von uns zeigen wollten. Dazu gehörten auch Lieder, die wir üblicherweise eher nicht in der Kirche singen und andere Aktivitäten, Animationen, Sketche, ein bisschen Karneval und unsere Lust am Feiern.
»Schon der Einzug zum Beginn mit dem Kanon 'Wechselnde Pfade' zeigte, dass nicht nur ein Konzert, sondern auch viele Rückblicke in einer wunderbaren Regie mit sehr vielen tollen Einfällen dargeboten wurden. So zeigten z.B. das Sammeln der Spenden mit den Zylindern, die leisen Zwischentöne der Märchenerzählerin und die vielen persönlichen Rückblicke ein breit gefächertes Spektrum.
Ich selbst singe seit mehr als 5 Jahren in einem Männergesangverein. Wer aber Euren Chor mit dieser Begeisterung(!), den vielen jungen Sängerinnen und Sängern, den unterschiedlichen Instrumenten und dem breiten Spektrum der Lieder erlebt, kann vor Neid nur erblassen!«
(Horst Sch. als Gast)
"Wird dieser Kreisel ziellos rotieren?" war das letzte Lied im offiziellen Programm. Mit Leuchtfeuer 10 Jahre, mit den anderen Chören noch länger letztendlich immer dasselbe – im Kreise drehen – nur im jeweils modisch angepassten Gewand?
Was mit "Spaß an der Freud'" vor mehr als 30 Jahren begann, (damals zunächst viele verschreckte), ist zu einer lebenslangen Suche geworden nach einem stimmigen zeitgemäßen Ausdruck für meinen Weg zu Gott, den ich mit vielen teilen möchte.
Und es sei ein Segen, wenn dieser Kreisel mit Anziehungskraft Menschen in seine Rotation hinein zieht wie ein Strudel, in dessen Mittelpunkt wir Jesus Christus finden, oder zumindest erahnen können.