Veras 40-jähriges Chorjubiläum – ein Rückblick
„Vera lebt ein großes „Ja“ zu sich selbst, das pralle Leben.“ Das sagt eine der Chorsängerinnen, als dieses rauschende Fest vorbei ist. Vieles klingt nach, auch nach Tagen oder Wochen: die Begegnungen, das Miteinander, die Gesänge, die Liedtexte und nicht zuletzt: Dieser volle, harmonische Klang, den die beiden Chöre zustande bringen. Ganz spontan, denn die meisten Sänger sind sich kurz vor jenem Samstag Mitte Juni zum ersten Mal begegnet….
Die Idee hatte Vera zwei Jahre zuvor, als der ehemalige Chor Funkenflug nach einer Probe, organisiert von Gabi und Gerhard, den Gottesdienst zur deren Silberhochzeit mit Freude und gelungen musikalisch gestaltete. Da könnte man doch was draus machen…
40 Jahre ehrenamtliche Chorleiterin in drei Chören: Von 1974 bis 1989 „Funkenflug“ in Wesseling, von 1989 bis 1996 „Der Springende Punkt“ und ab da bis heute: „Leuchtfeuer“ in Weilerswist. Wenn das kein Grund zum Feiern ist!
Wir Funkenflieger lernen Vera in den Mails vor dem Fest als perfekte Organisatorin kennen: Alles ist minutiös geplant. Alles läuft wie am Schnürchen. Alles ist stimmig. Die Vorbereitungen haben viel Zeit und Energie gekostet, viele fleißige Helfer waren den ganzen Samstag über im Hintergrund im Einsatz, und die Jubilarin selbst hat zum Festtag viele schlaflose Nächte hinter sich. Aber all das war´s wert. In treffenden Stichworten resümiert eine im Nachhinein: „Gelebter Glaube – Funke sprang über auf Menschen, die sich vorher nicht kannten – Feuer konnte entfacht werden für alle Gottesdienstbesucher – Vera selig – so sind die Namen Funkenflug und Leuchtfeuer Mission – ein weiteres gemeinsames Miteinander / Singen, wäre schön.“
Ein Vorgeschmack auf das, was da kommen wird, ist der Donnerstag vor dem Fest: Nach dem gemütlichen Treffen einiger Funkenflieger in Veras Gartenoase findet am Abend im Jugendheim in Weilerswist die Leuchtfeuer-Chorprobe statt. Wir stoßen dazu. Zunächst stimmen wir unser Instrument. Das heißt: Lungen belüften, Stimmbänder ölen, Gesichtsmuskeln trainieren, Körper lockern. Das haben wir früher nicht gemacht, das ist gut! Und es gibt zwei Dinge, die besonders schön sind an diesem Abend. Erstens: Die Begegnung mit dem anderen Chor. Keine Vorbehalte, kein Fremdeln, sondern: große Offenheit. Zweitens: Hier sind NICHT ZWEI Chöre versammelt, sondern EIN Klangkörper. Und so hört es sich dann auch an. Wundersame Fülle. Veras große freudige Augen, ihre anerkennenden Daumen nach oben, dieser Anblick wird haften bleiben von diesem Abend.
Samstagmittag: Der Festmarathon beginnt für „Funkenflug“ in Veras Garten. Mit dem Wiedersehen nach langer Zeit haben wir schon Übung, nachdem wir uns vor zwei Jahren zur Silberhochzeit von Gabi und Gerhard nach über 20 Jahren wiedergetroffen haben. Gille packt ihre Querflöte aus. Inniger Klang, immer wieder ein Genuss! Wir proben acht Lieder für die Messe. Alles fügt sich. Ein intensives Miteinander. Die Lieder wecken auch die Gefühle von damals, allen voran „Lass uns nicht fallen“, Werners Chorstück zu Monikas Tod im Jahr 1983. „..Dass noch tausend und ein Morgen wird“ ist das Lied, das Vera mit ihrer Rückkehr zum Chor verbindet, nachdem ihr Töchterchen Maria im Jahr 1982 gestorben war. Da steigen unwillkürlich die Tränen hoch. Auch die traurigen, die bitteren Momente des gemeinsamen Chorlebens haben an diesem Tag ihren Platz. Ein Kommentar nach dem Fest: „Die Musik mit Vera hat uns durch viele verschiedene Lebenslagen getragen: Trauer, Verlust, Abschied, Freude, Gemeinschaft, Beziehung, Leben…Es war mehr als Singen, es war Lebenshilfe, Hilfe, diese verschiedenen Lebenssituationen emotional und in Gemeinschaft leben zu können. Hört sich theatralisch an, war aber so.“
Während wir Funkenflieger es uns im Garten bei Pastasalat und Apfelkuchen gemütlich machen, beweist Vera ihre Kondition und geht zur nächsten Probe mit „Leuchtfeuer“ in die Kirche. Hier findet dann zwei Stunden später auch die erste und einzige gemeinsame Probe mit allen Beteiligten statt. (Großes Kompliment an die Instrumentalisten: Maria und Werner am Klavier, Holland-Direktimport Hans-Jürgen an der Gitarre, Gille und Dorina an der Flöte, Klaus und Paul an Saxophon und Posaune) Auch wenn alles wunderbar gelingt und klingt, spätestens jetzt – kurz bevor das Fest steigt – hätte die Chorleiterin und Gastgeberin vielleicht mal Grund, nervös zu werden. Aber nein, Vera wirkt ganz gelöst und entspannt. Den ganzen Tag über. Schön anzusehen.
Wieviele Messen mögen die beiden Chöre in den vergangenen vier Jahrzehnten gesungen haben? Diakonatsweihe, Priesterweihe, Christnacht, Triduum Pascale, Firmung, Hochzeiten, Taufen… Kölner Dom, JVA, Weltjugendtag… Diese Messe heute ist ein prall gefülltes Festpaket in eigener Sache. Vera erzählt später, es habe sie Tage und Nächte gekostet, die rund fünfzehn Lieder auszuwählen aus dem riesigen Repertoire aus vierzig Jahren. Qual der Wahl. Von jedem ist etwas dabei: Chor-Klassiker, Kölsches, Besinnliches, Französisches, Englisches, Lateinisches, natürlich Taizé. Die bunte Mischung – mal singt der eine, mal der andere Chor, mal alle zusammen – macht Spaß. „Schöner, engagierter, begeisterter Gesang,“ kommentiert eine, die dabei war, „eine Chorleiterin, die von den Haar- bis zu den Zehenspitzen Freude verströmte und ein wunderbarer Zelebrant, dessen Predigt mir so aus dem Herzen sprach.“
Pfarrer Michael Eschweiler und Chor Leuchtfeuer haben seit vielen Jahren unterschiedliche Ereignisse und diverse Gottesdienste miteinander gefeiert, und so ist er auch an diesem Tag da. Zu Beginn seiner Predigt spricht er von dem Grundton „A“, der am Anfang aller Musik steht. Er sagt viele treffende Dinge. „Wenn Gottes Melodie bei den Menschen ankommen will, dann müssen wir sie nicht einfach seelenlos abspulen und heruntersingen, nein, wir müssen sie inhalieren, wir müssen sie verinnerlichen, um sie dann mit aller Leidenschaft, aber auch mit allem Feingefühl ins Leben der Menschen zu transponieren.“ Da kennt jemand Vera Tigges ziemlich genau!
Die zwei-stündige Marathon-Messe ist wie eine Zeitreise durch die Vergangenheit. Im Rückblick wird noch einmal klar, wie intensiv diese Chorjahre waren, mit Schönem und auch mit Schrecklichem. „Alles hat seine Zeit“, dieser weise Lesungstext aus dem Buch der Prediger wird immer wahrer, je älter man selbst wird und je weiter man zurückschaut… Gabi drückt das in ihrer Fürbitte so aus: „Vor 40 Jahren sind wir als Jugendliche bei Vera in den Chor eingetreten. Vera ist es gelungen, bei uns die Liebe zum Singen nachhaltig zu wecken und die Musik mit Seele zu füllen. Das hat bei uns allen Spuren im Leben hinterlassen.“ In dieser langen Messe bleibt auch Zeit für freudige Aha-Erlebnisse beim Blick in die Kirchenbänke. Hier sitzen viele liebe Menschen, „alt“bekannte Gesichter, ewig nicht gesehen und doch sofort wiedererkannt, und Chorfans, die vor vielen Jahren schon immer dabei waren.
Es ist ein Fest der Freude, der Dankbarkeit, der Verbundenheit, des Rückblicks. Und als diejenige, um die sich heute alles dreht, zum Schluss der Messe das Wort ergreift, richtet sie vor allem einen großen Dank an ihre Familie. Sie haben es über viele Jahre mitgetragen, dass Familienfeste wie Weihnachten, Ostern, Pfingsten erst einmal im Zeichen des Chorgesangs standen. Und da es Veras Art ist, das Positive hervorzuheben ohne das Negative unter den Tisch zu kehren, spricht sie neben allem Dank an die Chöre auch Ärger & Streit an, den es im Lauf der Zeit gegeben haben mag. Das ist für einige eine wohltuende Geste. „Sehr heilsam für die, die es betrifft: Sie hat um Verzeihung gebeten für ihre Schwäche, das Lautwerden. Sehr mutig, das öffentlich zu tun! Die alten Verletzungen sitzen genauso tief wie die alten Noten, Vergeben befreit und heilt!“, so ein Kommentar im Nachhinein.
„Was kann es Schöneres geben, als noch mehr oder weniger mitten im Leben stehend ein Lebensfest mit dieser Resonanz zu feiern?“ wieder ein Zitat im Rückblick. Im Jugendheim Vernich geht das Feiern weiter. Fleißige Helfer haben alles vorbereitet: ein Schlaraffenland-Büffet (Claudias Engagement beim Organisieren sei Dank), gekühlte Getränke (trotz Notruf am Mittag wegen Ausfalls des Kühlwagens), Köstliches vom Schwenkgrill (von Poldis Onkel als Grillmeister), Deko an Tischen und Wänden, Elfriedes „Dreingabe“ zum Fest – der äußere Rahmen stimmt, und nicht nur der. Es ist ein Fest mit Seele. Eine Woge der guten Laune.
Das liegt auch daran, dass die Chöre singen, was die Kehlen so hergeben. Einer der Höhepunkte ist Leuchtfeuers Inszenierung des Klassikers „Ich möcht mit einem Zirkus ziehen“ mit Zirkusdirektor, Minitraktor, Karnevalskostümen und mit langstieligen Rosen für die Chorleiterin. Ohne Veras Gabe, andere mitzureißen, herauszufordern, zu animieren, wäre das alles nicht denkbar gewesen. Es wird noch einmal deutlich, wie unbeirrt und gradlinig sie seit der ersten Jugendchorprobe 1974 in Wesseling im zarten Alter von 25 Jahren ihren ehrenamtlichen Weg gegangen ist. „Wo Vera ist, da ist auch Stimmung, mal laut mal leise auf ganz wunderbare Weise,“ hat Gille den Siebziger-Jahre-Song in „Die Sache Vera hat Begeisterte“ umgetextet.
Der Abend bietet Gelegenheit, gemeinsam Kölsch zu trinken auf diese Sache Vera, alte Bekannte und Freunde wieder zu treffen „Mensch wir haben uns ja ewig nicht gesehen….“, neue Kontakte zu knüpfen, sich auszutauschen über gemeinsame Erlebnisse, vom Leben zu erzählen, zu klönen. Wie kann man es anders nennen als ein wahrlich „rauschendes Fest“, das dieser 40 Jahre würdig ist? Mit ihrer Idee, sich selbst zu feiern, hat Vera uns allen eine große Freude bereitet. Eine Funkenflug Chorfrau sagt im Nachhinein, und da würden sicher viele zustimmen: „Für mich ist dieses Revival-Erlebnis ein Lebensbogen, der sich noch mal schließt, als so eine Art Rast/Rückschau. Und dann geht es wieder weiter auf der Lebensreise. Wer weiß, in welche Richtung und ob es weitere "alte" Begegnungen geben wird …“
Die Funkenflug-Dette im August 2014
Eine Bildergalerie zum Fest wird in Kürze fertiggestellt.
Der Dankesbrief von Pfarrer Renner und die Kontaktdaten können hier als PDF-Datei heruntergeladen/ geöffnet werden: Dankesbrief Pfr Renner 2014-09-06
Spenden sind jederzeit herzlich willkommen und äußerst sinnvoll!
Fotos: © Fam. Busse, Gunther Pilz, Patrick Tigges